Dr. Rudolf Alexander

Die medizinische Betreuung der ländlichen Bevölkerung stand noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf unsicheren Beinen. Früher waren die „Bader“ dafür zuständig, sie waren keine promivierten Mediziner, versorgten ihre Patienten mit Naturheilmitteln, erledigten einfache Eingriffe und waren befugt, die amtliche Totenbeschau durchzuführen.

Als der beliebte Silzer Gemeinde- und Sprengelarzt Dr. Bruno Decristoforo als Opfer seines Berufes am 3. Februar 1947 starb, stand Haiming plötzlich ohne ärztliche Betreuung da. Für die Gemeinde war es ein Segen, dass ein Jahr später an der Schwelle des Gasthofes Traube „Sterzinger“ ein Mann stand, der die nächsten vierzig Jahre den Haimingern als gewissenhafter Arzt diente. „Ich kann mich noch gut erinnern, als der Alex (so wurde Dr. Rudolf Alexander von den meisten Patienten gerufen) im langen Mantel bei uns auftauchte und um ein Zimmer bat, um eine Ordination einzurichten“, erzählte Renate Perwög geb. Stigger („Sterzingers Renate“) vor einigen Jahren dem Chronisten.

Rudolf Otto Alexander wurde in Passau am 30. Juli 1914 als Sohn des Otto Alexander, Staatsbahnadjunkt, und der Irma geb. Lenck, geboren. Aufgewachsen ist Rudolf in Innsbruck, wo er nach der Volksschule auch das Gymnasium und die Universität besuchte. Seine Promotion zum Doktor der gesamten Heilkunde feierte er am 22. Dezember 1938. Anschließend war er an der Innsbrucker Klinik als Hilfsarzt tätig. Im September 1939 wurde er zur Wehrmacht eingezogen und diente bis 1944 bei den Gebirgsjägern an der Eismeerfront. Danach war er bis zum Kriegsende bei einer Armee-Sanitätskompanie in Frankreich tätig, ehe er in Bayern in amerikanische Kriegsgefangenschaft geriet. Ab Sommer 1945 verdingte sich der junge Mediziner als Hilfsarzt in verschiedenen Kliniken.

Am 8. April 1948 eröffnete er im Gasthof Traube „Sterzinger“ seine Praxis mit Hausapotheke. Ein Jahr zuvor, am 26. Mai 1947 hatte er Heriberta geb. Schrom in Innsbruck geheiratet. Aus dieser Ehe entstammten die Söhne Helmut und Gerhard. Mit großem persönlichem Einsatz ging Rudolf „Rolf“ Alexander an die Arbeit. Immer war der „Alex“ zur Stelle, wenn seine Hilfe und sein medizinisches Können gefragt waren. Für ihn gab es kaum einmal einen freien Sonn- oder Feiertag, die Nächte waren sehr kurz. In jenen Jahren wurde von den Landärzten alles abverlangt. Ab und zu nahm er sich dann doch das Recht heraus, mit Haiminger Motorradfreunden ein Wochenende „abzuhauen“. Legendär und gut in Erinnerung geblieben sind seine Hausbesuche, die er anfangs mit dem Motorrad, später mit dem Auto im Hochgeschwindigkeitstempo erledigte. In der Hand seine lederne Arzttasche stürmte er Stiege rauf, Stiege runter, Stube rein und Stube raus, oft bis spät in die Nacht. Manchmal kam er auch unangemeldet, um nach dem Rechten zu sehen.

Im Jahre 1964 übersiedelte Dr. Alexander mit Ordination vom Nebenhaus des Gasthofes dann in sein Haus an der Kalkofenstraße. Nach 32-jähriger Tätigkeit als Gemeindearzt übergab der ausgezeichnete Diagnostiker am 1. April 1980 die Praxis an seinen Sohn Helmut. Trotzdem blieb er – 1982 mit dem Titel Medizinalrat ausgezeichnet – seinen Stammpatienten viele weitere Jahre verbunden. Außerdem war der „Alex“ auch Mannschaftsarzt beim Sportverein Haiming, versorgte Patienten in Roppen und diente als Doktor im Haiminger Lager.

Dr. Rudolf Alexander starb am 1. Dezember 1988, seine Gattin Herta war ihm am 28. Oktober 1979 vorausgegangen.

(Text: Manfred Wegleiter, Fotos: Chronik Haiming)

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